» Über Fascial Manipulation

Die Fasziale Manipulation ist eine manuelle Therapiemethode, die von dem norditalienischem Physiotherapeuten Luigi Stecco entwickelt wurde. Diese Methode hat sich in den letzten 40 Jahren durch Studien und praktische Anwendung bei der Behandlung von stetig zunehmenden Fällen von muskuloskelettalen Problemen stetig weiterentwickelt.

Im Fokus der Therapie steht die Faszie, insbesondere die tiefe Muskel-Faszie, das Epimysium und die Retinakulae und sie betrachtet das myofasziale System als ein 3- dimensionales Kontinuum.
In Zusammenarbeit mit dem Anatomischen Institut der Rene Descartes Universität in Paris und der Universität von Padua in Italien und in letzter Zeit auch anderen Forschern, konnten Dr. Carla Stecco und Dr. Antonio Stecco umfangreiche Studien der Anatomie und Histologie der Faszien an umbalsamierten Kadavern durchführen. Diese Dissektionen haben das bereits bestehende biomechanische Modell, welches Luigi Stecco bereits ins Leben gerufen hatte, um neue histologische und anatomische Erkenntnisse erweitert.Diese Methode steht für ein ganzheitliches biomechanisches Modell, welches in der Lage ist, die Rolle der Faszie bei muskuloskelettalen Störungen und Dysfunktionen zu entschlüsseln.

Der Fokus der Methode liegt auf der Identifikation und dem Aufspüren von lokalen, spezifisch veränderten Bereichen der Faszie in Kombination mit spezifisch, dazugehörigen, limitierten Bewegungen. Ist eine schmerzhafte Bewegung in Zusammenhang mit dem dazugehörigen schmerzhaften Punkt identifiziert, so wird dieser mit einer geeigneten faszialen Manipulation behandelt und die schmerzfreie Beweglichkeit wieder hergestellt.
Durch die Analyse der muskuloskelettalen Anatomie konnte Luigi Stecco den Körper in 14 Segmente einteilen. Jedes dieser Körpersegmente wird von 6 „myofasziale units“ (myofasziale Einheiten) versorgt bzw. bewegt, die jeweils aus monoartikulären und biartikulären Muskeln bestehen, sowie deren tiefer Faszie und dem Gelenk welches diese „units“ in einer Richtung einer Ebene bewegen.
Zahlreiche Muskelfasern entspringen direkt aus der Faszie und umgekehrt existieren myofasziale Expansionen zwischen verschiedenen Muskelgruppen und formen sogenannte myofasziale Sequenzen die Muskelgruppen miteinander verbinden. Mit anderen Worten sind benachbarte myofasziale Einheiten durch myofasziale Expansionen und zweigelenkige Muskeln zu myofaszialen Sequenzen verbunden.

Während Teile der Faszie mit dem Knochen verbunden sind bzw. an ihm verankert, so sind andere Teile frei zu gleiten. Der bewegliche Teil der Faszie erlaubt muskulären Zug und die myofaszialen Vektoren konvergieren in einen spezifischen Punkt, den Stecco als das vektoriale Zentrum oder als Center of Coordination (CC) bezeichnet. Das CC ist dort lokalisiert, wo sich der Summen-Vektor der Durchführung einer Bewegung befindet. Die 6 verschiedenen Bewegungsrichtungen, die innerhalb von 3 Bewegungsebenen möglich sind, werden selten isoliert durchgeführt, sondern meistens kombiniert, ähnlich wie die PNF Muster. Um diese komplexen Bewegungen zu koordinieren, gibt es spezifische Punkte, die man identifizieren konnte, die in den Faszien, häufig in den Retinakulae, liegen und denen Stecco den Namen „Center of Fusion“ gegeben hat.

Faszien bestehen aus wellenförmig angelegten Kollagen Fasern und elastischen Fasern in verschiedenen Schichten und jede dieser Schichten hat eine andere Ausrichtung. Aufgrund der Wellenform kann Faszie auseinandergezogen werden und aufgrund der elastischen Fasern kann sie in ihre ursprüngliche Form zurückkehren. Da sich Faszie daher an Muskelzug anpaßt, kann sie Kraft nicht übertragen wie eine Sehne oder Aponeurose es tut.
Wenn diese histologischen und funktionellen Unterschiede nicht berücksichtigt werden, kann die Faszie leicht mit Aponeurosen verwechselt werden oder die tiefe Faszie wird mit der oberflächlichen Faszie und dem oberflächlichen Bindegewebe verwechselt oder in einen Topf geworfen. Das subkutane Bindegewebe bildet eine sehr elastische und gut verschiebliche Schicht bzw. Membran, die wichtig ist für die Thermoregulation, Stoffaustausch und den Schutz von Nerven und Gefäßen, wohingegen die tiefe Faszie die Muskeln umhüllt bis zu ihrem Ansatz am Knochen.

Die bisher aufgeführten anatomischen Studien haben auch offensichtliche Unterschiede zwischen der tiefen Faszien des Rumpfes und der Extremitäten hervorgebracht. Die erste besteht aus drei Schichten, wobei jede einzelne verschiedene Muskelgruppen umhüllt oder beinhaltet. Die oberflächliche Schicht umhüllt den M. latissimus dorsi, M. gluteus maximus, M. ext. obliquus, die mittlere Schicht beinhaltet den M. serratus posterior inferior und superior, M. iliocostalis und die tiefe Schicht besteht aus den Mm. interspinali,Mm. intertransversarii, M. multifidii und M. transversus abdominis.
In den Extremitäten ist die tiefe Faszie außerordentlich dick und erinnert dabei an Aponeurosen. Sie ist gut organisiert und verbindet und koordiniert die Muskeln der unteren Extremitäten durch ihre Kollagenfasern in Form von Sequenzen und spiraligen Formationen.

Es besteht die Vermutung, dass die dicht innervierte Faszie in einer Art Ruhespannung verharrt, die durch die Muskelfasern hervorgerufen wird, die in in ihr inserieren. Durch diese Art von optimaler Ruhespannung oder auch „Basal-Tonus“ der Faszie, sind die freien Nervendigungen und Rezeptoren quasi sensibilisiert jedwede Spannungsänderung wahrzunehmen und so auch jede Art von Bewegung, sobald diese stattfindet.

Die tiefe Faszie ist unbestritten eine optimale Struktur für die Wahrnehmung und Unterstützung in der Durchführung von Bewegungen. Tatsächlich hat ein Vektor oder afferenter Impuls nicht mehr Bedeutung für das zentrale Nervensystem als jeder andere Vektor auch, es sei denn diese Vektoren sind festgelegt und erhalten eine räumliche Bedeutung.
Die Komplexität der körperlichen Aktivität des Menschen ist zum Teil bestimmt durch gekreuzte und synchronisierte Bewegungen zwischen den Extremitäten und eine raffinierte Variabilität der Bewegungsmuster. Immer wenn ein bestimmte Körperabschnitt sich im Raum bewegt, entsteht ein myofasziales Spannungsmuster in den korrespondierenden Faszienketten. Rezeptoren innerhalb der Faszie werden erregt und erzeugen genaueste Informationen über Richtung der Bewegung.
Jede Behinderung des Gleitens der Faszie könnte diese afferenten Impulse stören und verändern und folglich zu unkoordinierten Bewegungen führen.

Man kann die Hypothese aufstellen, dass die Faszien für die Propriozeption und die periphere Bewegungskontrolle eng mit dem zentralen Nervensystem zusammenarbeiten.

Therapeutische Schlussfolgerungen:

Die Faszie ist sehr komplex und umfangreich und es wäre schwierig und nicht angemessen die gesamte Faszie zu „bearbeiten“. Die Lokalisation von bestimmten Punkten oder Schlüsselzonen kann die Manipulation der Faszie effektiver gestalten. Eine genaue Analyse der myofaszialen Verbindungen basierend auf dem genauen Verständnis der faszialen Anatomie kann Hinweise geben, wo der Therapeut am besten interveniert.
Jede unphysiologische Veränderung der tiefen Faszie könnte Spannungsveränderungen entlang einer korrespondierenden myofaszialen Sequenz verursachen, welche zu einer falschen Aktivierung von proprioceptiven Rezeptoren führt und damit zu unkoordinierten Bewegungen und Bewegungsschmerzen.
Tiefe Massage dieser speziellen Zonen (CC und CF) zielt auf die Balancierung des faszialen Gleichgewichts ab. Kompensatorische Spannung breitet sich im pathologischen Fall entlang einer myofaszialen Sequenz aus und myofasziale Verbindungen bzw. Kontinuität könnten dann verantwortlich dafür sein, dass sich der Schmerz ausbreitet und ausstrahlt, obwohl keine spezifischen Nervenbedrängung oder Kompression vorliegt.
In der klinischen Praxis erlebt man häufig Fälle von ischialgieformen Schmerzen oder Cervicobrachialgien ohne nachweisbare Nervenirritation.

Dies Methode erlaubt dem Therapeuten fern vom Ort des akuten Schmerzes zu arbeiten, welcher oft durch umphysiologische Spannungsphänomene entzündet ist. Für jede sogenannte „myofasziale Einheit“ gibt es eine zugehörige Region, die Center of Perzeption genannt wird und beschreibt wo der Schmerz gemeinhin empfunden wird. Es ist folglich wichtig, dass wir nach dem ursächlichen Ort für den Schmerz suchen und zurückverfolgen, woher die pathologische Spannungsveränderung kommt und gelangen folglich zu den CC oder CF Regionen die in der tiefen Faszie liegen und damit zum Ziel der Behandlung werden.

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